Die diesjährige Inhorgenta fand in München erstmals wieder zum gewohnten Termin und im vertrauten Format statt.
Entsprechend groß war der Nachholbedarf, sowohl auf Seiten der Aussteller als auch der Besucher. In einer reiner digitalisierten Welt erfolgreich Geschäfte anzubahnen und abzuwickeln, ist und bleibt wohl noch für sehr lange Zeit reines Wunschdenken.
Eine Messe, auf der Menschen aus allen Richtung zusammentreffen, sich entspannt und oftmals spontan begegnen und austauschen, kann keine noch so raffinierte virtuelle Umgebung ersetzen.
Diese Einschätzung wurde von vielen Besuchern und Ausstellern geteilt, mit denen wir ins Gespräch gekommen sind.
So war denn auch die Stimmung durchweg positiv.
Gleich am ersten Messetag wartete der Veranstalter zudem mit einem ganz besonderen Highlight auf.
Gisbert L. Brunner, der wohl bekannteste, und mit Abstand sachkundigste Uhrenjournalist Deutschlands, lud Jean-Claude Biver, die Schweizer Uhrenlegende schlechthin, nach München, um einem interessierten Auditorium 50 Jahre Uhrengeschichte im Kurzformat zu vermitteln. Neben Nicolas Hayek (Swatch Group) prägte Jean-Claude Biver die Geschichte der Schweizer Uhrenindustrie wie kaum ein anderer. Nach kurzweiligen und spannenden 60 Minuten mit zahlreichen zum Teil sehr persönlichen Erzählungen und Anekdoten begann für die vielen Zuhörer dann positiv eingestimmt und gut gelaunt der Messealltag.
Ein erster Rundgang durch die Halle 1 präsentierte überwiegend luftige, offene Stände, die zum Eintreten und Verweilen einluden. Bei den Ausstellern waren viele bekannte Namen und Gesichter anzutreffen, wenngleich es an der ein oder anderen Stelle Veränderungen in Form von Neuzugängen, aber auch einigen Abmeldungen gab.
Wir haben uns bei insgesamt 16 Herstellern aus Deutschland, Frankreich, der Schweiz und Japan näher umgesehen und uns über die aktuellen Trend sowie zahlreichen Neuerscheinungen informiert.
Im Rahmen dieses zweiteiligen Berichts treffen wir eine Auswahl der aus unserer Sicht interessantesten Exponate.
Zur leichteren Orientierung machen wir dies in alphabetischer Reihenfolge.
Beginnen wir mit Firma Aristo.
Aristo aus Pforzheim war schon in der Vergangenheit stets eine gute Adresse für interessante Uhrenmodelle. Gerade Individualisten werden dort fündig, wenn es darum geht, sich auch mit kleinerem Budget etwas nicht Alltägliches zu leisten. Aristo bietet, neben Uhren der eigenen Marke, auch solche der Marken Messerschmitt, Erbprinz und Jacques Etoile an. Überwiegend spielt Aristo in der Liga der mechanischen Uhren, wobei fast ausnahmslos Werke von namhaften Schweizer Herstellern Verwendung finden.
Aber Aristo wäre nicht Aristo, wenn nicht hin und wieder das ein oder andere Schätzchen im Fundus des seit über 100 Jahren bestehenden Unternehmens das Licht der Welt erblicken würde.
So werden immer mal wieder Kleinserien von längst ausgelaufenen deutschen Uhrwerken aufgelegt. Diese NOS (New Old Stock) Modelle sind wegen der nurmehr begrenzten Zahl an verbaubaren Werken ganz von selbst streng limitiert und daher gerade für Sammler von großem Interesse.
Gleichfalls ein Hersteller mit besonderer Note ist das Unternehmen von Klaus Botta in Königstein im Taunus. Klaus Botta gründete noch während seines Studiums das Designstudio Botta Design. Neben der Sparte Industriedesign beschäftigte er sich bereits früh mit der Gestaltung von Uhren. So bekannte und innovative Modelle wie die einsteige Solar 1 von Junghans stammen übrigens von ihm.
Bereits 1986 entwarf Klaus Botta die weltweit erste Einzeigeruhr, welche damals Manfred Brassler, der spätere Gründer von Meistersinger, auf den Markt brachte.
Seit 1999 vermarktet Klaus Botta seine Einzeigermodelle unter eigenem Namen. Klaus Botta stellte auf der diesjährigen Inhorgenta auf dem Messestand von Firma Christoffel aus, die als Großhändler, die Vermarktung über den Fachhandel organisiert.
Die verschiedenen Modell zeugen von sehr viel Liebe zum Detail, perfektem Finish und hohem Gebrauchsnutzen. Die Entschleunigung des Zeitgeschehens durch die Reduktion auf das Wesentliche ist ein wesentliches Ansinnen an die Kunden und Träger einer Einzeigeruhr aus dem Hause Botta.
Ein kurzer Blick zu Bulova, einer 100%-Tochter von Citizen, zeigt, dass die Neuauflage und Neuinterpretation der Bulova Accutron nun Gestalt angenommen hat.
Die der Öffentlichkeit in 2020 vorgestellte Neuentwicklung wurde nun zur Serienreife gebracht und ist ein Meilenstein in der Zeitmessung – die weltweit erste Uhr, die mit elektrostatischer Energie betrieben wird. Für EUR 3.600.- lässt sich dieses Wunderwerk moderner Mikromechanik ans Handgelenk legen.
Von ganz anderem Auftritt ist Casio, der Multi aus Japan. Zwar wird man auf der Suche nach Raritäten und Spezialitäten auch bei Casio fündig, schließlich blickt das 1946 gegründete Unternehmen auf eine jahrzehntelange Geschichte zurück.
Anders als bei vielen anderen Mitbewerbern stand bei Casio jedoch stets die Elektronik im Mittelpunkt des Geschehens. Von der einfachen, noch heute legendären Digitaluhr bis hin zu komplexen Funktionsuhren für höchste Beanspruchungen.
Die Sub-Marke G-Shock feiert in diesem Jahr ihr 40-jähriges Bestehen. Zur Feier werden zahlreiche Sondermodelle in z.T. atemberaubenden Designs und Verwendung besonderer Materialien in verschiedenen Preisklassen angeboten.
Zudem wurde das Modell GM-B2100GD-5AER von G-Shock mit dem begehrten Inhorgenta-Award ausgezeichnet.
Neben dieser Erfolgsgeschichte sind es in erster Linie aber auch die wettbewerbsfähigen Preise, mit denen Casio ein hohes Maß an Begeisterung und Kundenzufriedenheit für sich verbuchen kann. Casio widersetzt sich damit sehr erfolgreich dem Trend der letzten Jahre, Uhren zu immer höheren Preisen ins Schaufenster zu stellen.
Ein weiterer bemerkenswerter Trend macht allerdings auch vor Casio nicht halt. Obgleich das Unternehmen über jahrzehntelanges Know-How auf dem Gebiet der Mikroelektronik verfügt, beschloss das Unternehmen, sich aus dem Bereich der Smart-Watches zurückzuziehen. Die Komplexität der Software und der damit verbundene permanente Pflegeaufwand hat das Management zu diesem Schritt bewogen. Sehr wohl bleiben jedoch die Uhren mit bewährter Bluetooth-Verbindung zum Smartphone im Programm.
Frederique Constant ist neben Bulova ein weiteres Unternehmen, welches bereits seit mehreren Jahren zum Citizen Konzern gehört. Ähnlich, wie schon bei Casio, hat auch Frederique Constant sich für eine Abkehr von der Smartwatch entschieden. Das Unternehmen will sich wieder voll und ganz auf hochwertige mechanische Uhren konzentrieren.
Als besondere Auszeichnung versteht es Frederique Constant in diesem Jahr, erstmals als Aussteller auf der Watches & Wonders mit dabei zu sein.
Deshalb wird die offizielle Vorstellung neuer Modelle auf diesen für das Unternehmen international wichtigen Event ausgerichtet.
Soviel sei jedoch schon verraten, die Design- und Entwicklungsabteilung hat ganze Arbeit geleistet und wird der Fachwelt in Genf einen ganzen Blumenstrauß hochinteressanter Neuigkeiten präsentieren.
Das Unternehmen, welches neben Apple vom Rückzug einiger Hersteller aus der Welt der smarten Uhren am meisten profitiert, dürfte Garmin sein. Garmin hat es wie kaum ein anderer verstanden, über die Jahre nicht nur eine rundum gelungene Produktpalette aufzuspannen, sondern hat es auch geschafft, den Uhrenfachhandel für sich zu gewinnen und sich dort als feste Größe zu etablieren.
Die in Österreich beheimatete Uhrenmarke Jacques Lemans wartet mit zunehmend höherwertigen Modellen auf. Die Hybromatic genannte Modellreihe ist mit einem innovativen Hybriduhrwerk von Seiko Epson ausgestattet, welches mittels eines Mikrogenerators kinetische Energie in elektrische Energie umwandelt und in einem Akku speichert.
Das quarzgesteuerte Uhrwerk zeigt dann mit hoher Genauigkeit die Uhrzeit an.
Ein ganzes Feuerwerk an Neuheiten präsentierte Junghans.
Nicht zuletzt die Veränderung auf Geschäftsleitungsebene bringt neue Impulse mit sich. Hannes Steim, der sich fortan zusammen mit Matthias Stotz um die Geschicke des Unternehmens kümmert, ist passionierter Flieger und möchte gerade den Bereich der Flieger- und Pilotenuhren weiter voran bringen. Als besonderer Zielmarkt gelten dabei die USA.
Aber auch die Skisprung-Weltmeisterschaften im slowenischen Planica sind für Junghans als offizieller Zeitnehmer eine wichtige Plattform.
Den zweiten Teil unseres Berichtes zur Inhorgenta 2023 finden Sie hier auf diesem Blog.
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